
„Es gibt, was jeder gibt!“
Michl: Lieber Thomas, du warst elf Jahre in Mering. Jetzt wirst du der Pfarrei im Sommer den Rücken kehren. Wie kam es dazu?
Pfr. Schwartz: Eigentlich bin ich zu dem neuen Job wie die Jungfrau zum Kinde gekommen. Im letzten Jahr war unser Bischof im Rahmen des Patroziniums bei uns in Mering. Er bat mich um ein Gespräch unter vier Augen, das eigentlich nur einige Minuten dauern sollte. Eine Stunde später hatte er mich dann zur Kandidatur für das Amt des Hauptgeschäftsführers von Renovabis überredet. Er hat mir nahegelegt, dass ich nun auch Erfahrungen im „internationalen Geschäft“ sammeln müsse.
Welche Aufgaben werden bei Renovabis auf dich zukommen?
Ich soll das Gesicht des Hilfswerks sein: in der Öffentlichkeit wirken, Beziehungen zu den Partnern, der Bischofskonferenz und Politik pflegen sowie neue Prozesse anstoßen. Renovabis hat eine besondere Stellung unter den Hilfswerken, weil wir nicht nur zur Bischofskonferenz, sondern auch zum Zentralkomitee der Deutschen Katholiken gehören. Wir haben demnach mehr Aufgaben und müssen noch mehr Kontakte halten sowie uns mit mehr Gremien abstimmen. Ich möchte daneben aber auch noch in meiner Rolle als Pfarrer eine spirituelle und religiöse Dimension vermitteln.
Wie schaut das konkret aus?
Ich muss erstmal ankommen. Ich möchte schauen, welche Ressourcen und Kompetenzen vorhanden sind. Die damit verbundenen Menschen möchte ich kennenlernen.
Hast du keine Angst vor einem möglichen Scheitern?
Ich habe in meinem beruflichen Leben auch schon Niederlagen einstecken müssen und auch Fehler gemacht. Aber zwei Dinge geben mir Kraft, Ruhe und Zuversicht für die neue Tätigkeit: auf der einen Seite habe ich mich nicht aufgedrängt, sondern andere trauen mir diese Aufgabe zu. Außerdem bin ich nicht allein. Es gibt viele tolle Menschen, die mich unterstützen werden.
Die Hälfte deines priesterlichen Lebens hast du in Mering verbracht: vier Jahre als Kaplan, elf Jahre als Pfarrer. Auf welche Erfolge bist du in dieser Zeit besonders stolz?
Ich denke, dass viele Gemeindemitglieder auf meine baulichen Errungenschaften hinweisen werden, die im Übrigen komplett ohne Schulden gestemmt wurden. Ich freue mich aber fast noch mehr darüber, dass ich auch andere Prozesse in die Wege geleitet habe, die mein Nachfolger vollenden darf. Ganz besonders stolz bin ich aber auch darauf, dass unsere Gemeinde – gegen den Trend der Gesamtkirche – jung geblieben ist. Viele junge Menschen zeigen großes Engagement. Zusätzlich zum Ehrenamt, das davor schon vorhanden war. Das ist nicht weniger geworden. Auch und besonders in Corona-Zeiten.
Dein Nachfolger wird Dr. Florian Markter aus Augsburg sein. Was rätst du ihm?
Er steht natürlich vor großen Herausforderungen, aber er hat hier so viele phantastische Gemeindemitglieder, die er einfach nur arbeiten lassen muss. Ganz nach dem Prinzip: ‚Es gibt, was jeder gibt!‘ Er muss den Menschen die Möglichkeit geben, dass sie ihre Fähigkeiten einsetzen dürfen. Ich wünsche ihm dabei alles Gute, viel Kraft, aber vor allem viel Freude. Pfarrer in Mering zu sein, ist unendlich bereichernd und schön.
Du sprichst von Fehlern. Welche waren das?
Strukturell habe ich zum Beispiel bei der Vision 2025 zu viel Druck verbreitet, aber das kann passieren. Dabei habe ich immer versucht, mein Bestes zu geben. Leid tun mir andere Dinge: Wenn ich Menschen persönlich verletzt habe – und das habe ich getan, dann bereue ich das aufrichtig!
Thomas Schwartz. Was ist das für ein Mensch?
Ein Netzwerker, voller Neugierde, rational, teils aber auch sehr emotional, kreativ und oft einnehmend. Ich versuche demütig zu bleiben oder es zu werden, auch wenn man mir das nicht immer glaubt. Meine Wegbegleiter hier in Mering haben mir geholfen, zu reifen – das sind Geschenke, das war nicht mein Verdienst.
Bleibst du Mering beruflich verbunden?
Nein. Emotional schon, aber es gibt mit Dr. Markter einen neuen Seelsorger für Mering. Das ist nicht mehr meine Aufgabe, das darf sie auch nicht mehr sein. Ich brauche die Distanz und unsere Pfarrei braucht sie auch, damit mein Nachfolger hier gut ankommen kann.
Wohin soll es mit Mering in den nächsten Jahren gehen?
Zuerst muss nach den Monaten der Pandemie die Liturgie, das eucharistische Leben wieder aufgenommen werden und erblühen. Gleichzeitig soll die Verbundenheit zwischen unserer Kirche und den caritativen Einrichtungen weiterhin gepflegt und vertieft werden. Aber auch das geschwisterliche Miteinander in der Ökumene darf in Mering nicht verloren gehen.
Von Mering ein Blick auf die Gesamtkirche. In deiner Karfreitagspredigt hast du von einer ‚sterbenden Kirche“ gesprochen. Wie meinst du das?
Das Phänomen der leeren Kirchen ist ein Ausdruck für die sterbende gesellschaftliche Relevanz unserer Kirche – selbstverständlich auch selbst verschuldet. Wir haben den Menschen über viele Jahrzehnte und Jahrhunderte einen hohen, moralischen Anspruch für das eigene Leben aufgebürdet und sind diesem teils selbst nicht gerecht geworden. Aber auch in unserer institutionellen Struktur haben wir uns mehr um Machterhalt als um den Menschen als Person gekümmert. Wir haben nicht mehr ernst genommen, dass das Gesetz für den Menschen da ist und nicht andersherum.
Wie wenden wir dieses Sterben der Kirche ab?
Wir müssen jetzt freiwillig die Strafe dafür auf uns nehmen und uns noch mehr den Menschen zuwenden. Wir sollten vielmehr wieder Simon von Cyrene sein, indem wir unseren Brüdern und Schwestern das Kreuz abnehmen und ihnen helfen - wir sollten Probleme zu lösen versuchen und keine machen. Dann werden wir wieder glaubwürdig!
Zum Abschluss: Wie willst du den Meringern in Erinnerung bleiben?
Es wäre schön, wenn sie sagten: ‚Er hat uns gern gehabt!‘
Lieber Thomas, vielen Dank für das Interview, viel Erfolg und Erfüllung bei deiner neuen Aufgabe.