
Faschingspredigt - Gebet eines lei(d)tenden Pfarrers
An Fasching darf man es mal wagen,
etwas zu tun oder zu sagen,
was sonst so gar nicht üblich ist
und hoffen, dass dich niemand frisst!
Ein Pfarrbrief hat mich inspiriert,
zum heut’gen Thema hingeführt.
Es ging um Urlaub um Absenzen
und, dass auch Pfarrer haben Grenzen.
Ich leg jetzt die Mozzetta an,
sie nur ein Priester tragen kann,
der ‘ne Pfarrei zu leiten hat,
oft ist’s ’ne Last, mehr als a Gnad!
Ich nun versuch, mich rein zu denken,
meditativ mich zu versenken,
wie heut‘ ein Pfarrer oft und gern
von Stress geplagt, spricht zu dem Herrn.
„Du hast, o Herr, auf mich geschaut
mir diese Schafe anvertraut,
dass ich, gestärkt durch Deine Gnade,
sie zu Dir führ auf sich’rem Pfade.
Sankt Michael in Merings Mitte,
Meringerzell samt Zeller Hütte,
St. Afra, Agnes und Theresia
hast Du erwählt für mich, oh ja!!!
Doch Schafe hüten, glaub mir Herr,
stresst einen Pfarrer heute sehr.
Die Herde ist inzwischen meist
schon arg geschrumpft, wie Du wohl weißt.
Auch hier im Wittelsbacher Land
am Anfang ich viel Schafe fand,
die gerne folgten mir als Hirt,
die Zahl nun oftmals kleiner wird.
Liegt Kirchenzählung mir im Magen
tu über Schwund ich niemals klagen,
mach dann den Sonntag, ganz alleine,
schnell mal zum Sonntag der Vereine!
Die Schäflein selbst, gut informiert,
sind ungewöhnlich engagiert
und auch recht kritisch – außerdem,
oft aufmüpfig und unbequem.
Gar manches Schaf aus meiner Herde
‚nen Kopf so groß hat, wie ein Pferde
und deshalb glaubt um jeden Preis,
dass es ja alles besser weiß.
Nun war ja sicher manches Schaf
auch früher nicht nur fromm und brav.
Trotz allem blieb es bei der Stange.
Doch heute fackelt man nicht lange,
man geht, die Kirchen werden leer.
Ist das nicht zum Verzweifeln, Herr?
Manchmal verlier‘ ich fast den Mut.
Weißt Du, was man dagegen tut?
Die Botschaft ist doch nicht verkehrt,
warum wird sie bloß nicht gehört?
Vielleicht ist die Verpackung schlecht
und wird der Zeit nicht mehr gerecht,
spricht auch die Leute nicht mehr an,
etwas, das man wohl ändern kann.
Ich hab damit sehr schnell begonnen,
und hab manch‘ Schaf zurückgewonnen.
Ich predige sehr eloquent,
Studierte kommen angerennt,
man lauscht den Worten ganz begierig,
die theologisch sind, und keine Lyrik.
Tu wissenschaftlich untermauern,
wer’s nicht kapiert, hat mein Bedauern.
DEIN WORT IST GÜLTIG, Herr!, es bleibt,
wie immer man es auch beschreibt.
Der Zahn der Zeit beginnt zu nagen,
oft musste man mich schon fast tragen,
um Deinen Dienst, o Herr, zu tun;
ich vergess halt oft, mich auszuruhn.
Ob Bergamo, Fuerteventura,
dort leb ich auf, in der Natura,
mir Bücher fließen aus der Feder,
das ist famos, das kann nicht jeder!
Der Rücken schmerzt, das Bein tut weh,
sehr oft ich vor ’nem Fenster steh.
Die Herde weiß, wie sehr ich leide,
grast dann allein halt, auf der Weide.
Ins Fernsehn ich die Herde brachte,
es ging viel besser, als ich dachte.
Des Meßg’wands aufgehelltes Violett
war fast wie rosa, doch ganz nett.
Jedoch das kann nicht jeder tragen,
auch unser Diakon tut fast verzagen,
mir fehlt das Käppchen noch, das rote,
das wär‘ sehr gut für d‘Fernsehquote!
Omnipräsent in Funk und Presse,
wär nötig mir, dass ich besäße,
die Fähigkeit, zugleich zu sein
an vielen Orten, im Verein,
an Uni, an illustren Stätten
rund um den Globus, um zu retten
manch Haus, das Du mir anvertraut,
und das recht schlecht war aufgebaut,
vor’m Einsturz und vor dem Verfall,
das heißt, ich bleib stets hart am Ball,
versuch, das rechte Wort zu finden
um Spendenfreude zu entzünden.
Des nachts mich oft Visionen plagen,
die schlagen manchem auf den Magen.
Wie Seifenblasen sie zerplatzen,
nun muss erneut zusammenkratzen
ich wieder bergeweise Geld,
damit der Schafstall nicht verfällt.
Prädestiniert für solche Sachen
lass ich die Seelsorg‘ andre machen.
Gar manchmal geht die Luft mir aus,
doch komm ich heim, ins Schwartze Haus,
lass im Parterr‘ den Schreibkram liegen,
schlepp mich hinauf ganz müd die Stiegen,
werd ich erwartet von den Lieben,
die mir ins Stammbuch einst geschrieben,
„als Priester, höre gut mein Sohn!,
ist vieles nicht für Gottes Lohn!“
Drum mach beweglich meinen Sinn,
damit ich aufgeschlossen bin.
Lass stets mich „IN“ sein, Worte finden,
die sie begeistern, treffen, zünden,
und gib dazu den rechten Sound,
der alle anspricht, der erstaunt,
damit der Rest der Christenschar
nicht auch noch einschläft vorm Altar,
nicht stumm in Lethargie verharrt
und in der Kirchenbank erstarrt.
Hilf, dass man mitsingt, betet, lacht
und spürt, wie froh Dein Wort uns macht.
Hilf, dass es stärkt uns, eint und führt
und uns im Herzen stets berührt.
Denn mir als Hirten hilft es sehr,
wenn d’Schäflein kommen selber her.
Wenn gern sie bei der Herde bleiben
und sich nicht nur die Hände reiben.
Sich selbst als Schar zusammenhalten
und nicht nur andre lassen walten.
Dann würd‘ es sicher mir gelingen,
ein Loblied Dir nur stets zu singen,
den Schäferhund könnt’ ich mir sparen
könnt‘ öfters noch zu Vorträg‘ fahren.
Ich setzt‘ ‚nen Schaf-Verwalter ein,
dann läuft’s zuhause von allein.
Jett ich im Flugzeug dann umher
wär’s um das Herz mir gar nicht schwer.
Ich weiß, es klingt schon fast fatal,
’ne Last ist auch viel Personal.
Da hab ich scheint’s ’ne gute Hand;
in Augsburg ich stets Nachschub fand.
Nur einer hier schon vor mir war,
ich mein den Diakon, schon klar!
Von vielen wird er angesprochen,
ihm wird erzählt, was ich verbrochen,
statt dass die Leut‘ mir’s direkt sagen,
hör nur durch ihn ich manches Klagen.
Nun ja, er g’hört halt zu den Alten,
mit grauem Haar und manchen Falten,
mit Bauchansatz, vielleicht Demenz,
ist er für mich koa Konkurrenz.
Natürlich er mir schon auch nützt,
oft mein Gedächtnis unterstützt
und manches Mal mir auch sagt ein,
was ich vergessen hätt‘ allein.
Spricht er groß auf, denk ich mir immer,
es könnte kommen noch viel schlimmer!
Was DU willst, Herr, das wird gescheh’n
man darf nicht alles schlecht nur sehn.
Das Schafe hüten ist nicht leicht,
doch vieles hab ich schon erreicht.
Drum steh mir bei und auch den Schafen,
den schwarzen, aber auch den braven.
In Einigkeit Du uns bestärk,
denn ohne Dich gelingt kein Werk!“
So, oder ähnlich könnt‘ es sein,
wenn heut ein Pfarrer, ganz allein,
vor Gott an seinem Betstuhl steht
und mit Ihm spricht, in ‚nem Gebet.
Jedoch ist eines sonnenklar,
ihr faschingsfroh gestimmte Schar:
Was ihr gehört die letzten Stunden,
ist nicht real, war nur erfunden,
kennt nicht Personen, keine Namen.
Lobt allzeit Gott und ehrt Ihn, Amen!