So wird man heilig...

Der eine leitete mit der Einberufung des Zweiten Vatikanischen Konzils die Öffnung der katholischen Kirche zur modernen Welt ein, der andere brachte bei 104 Auslandsreisen die Kirche in die Welt: Johannes XXIII. (1958-1963) und Johannes Paul II. (1978-2005) waren zwei der bedeutendsten und populärsten Päpste der jüngeren Kirchengeschichte...

Wenn die beiden ehemaligen Kirchenoberhäupter nun von Papst Franziskus heiliggesprochen werden, wird ihnen die höchste Ehre zuteil, die die katholische Kirche zu vergeben hat. Durch die Heiligsprechung – offiziell Kanonisation genannt – wird von der Kirche bestätigt, dass beide Päpste ein vorbildliches christliches Leben geführt und endgültige Aufnahme bei Gott gefunden haben. Als Teil der Gemeinschaft der Heiligen dürfen sie künftig weltweit verehrt und um Fürsprache bei Gott angerufen werden.

Dass Johannes XXIII. und Johannes Paul II. heiliggesprochen werden, hat weltweit große Begeisterung ausgelöst. Für viele Katholiken bestätigt die Kirche damit nur offiziell, was für sie ohnehin längst feststand – dass nämlich der Konzilspapst Angelo Roncalli und der polnische Pontifex Karol Wojtyla Heilige sind. Allerdings: Würde man allein die kirchlichen Kriterien für eine Heiligsprechung anlegen, dürften die beiden Päpste eigentlich noch nicht zur Ehre der Altäre erhoben werden.

Beide Päpste sind schon selig

Um die Kanonisation trotzdem bereits jetzt zu ermöglichen, wurde das geltende kirchliche Verfahren teilweise außer Kraft gesetzt. Bei Johannes XXIII. verzichtete die Kirche auf das eigentlich obligatorische zweite Wunder , bei Johannes Paul II. wurden schon bei der Seligsprechung die Fristen zum Start des Verfahrens ignoriert.

Unabhängig davon ist eine Kanonisation in der Kirche jedoch genau geregelt – und weitgehend identisch mit der Beatifikation, der Seligsprechung. Der wichtigste Unterschied: Wer heiliggesprochen werden soll, muss bereits selig sein. Diese Voraussetzung ist bei beiden Päpsten erfüllt: Johannes XXIII. wurde am 3. September 2000 seliggesprochen, Johannes Paul II. am 1. Mai 2011 – und damit so schnell nach seinem Tod wie kein anderer Mensch zuvor.

Ausgangspunkt für Selig- und Heiligsprechungen ist jeweils die Initiative eines "Actors". Diese Funktion kann von Einzelpersonen oder kirchlichen Institution – zum Beispiel einem Bistum oder einer Ordensgemeinschaft – übernommen werden. Der "Actor" ist Antragsteller und Förderer des gesamten Verfahrens; als solcher beauftragt er zunächst einen mit dem kanonischen Recht vertrauten "Postulator", den Antrag bei dem Ortsbischof einzureichen, in dessen Bistum der Kandidat gestorben ist.

Stehen der Aufnahme des Verfahrens keine grundsätzlichen Bedenken im Wege, beauftragt der Bischof den "Postulator", Leben und Werk des Kandidaten genau zu erforschen und dafür biographische Informationen, Schriften und mündliche Zeugnisse zu sammeln sowie Experten und Zeugen zu befragen.

Umfangreicher Konsultationsprozess

Ungefähr parallel beginnt der Ortsbischof einen umfangreichen Informations- und Konsultationsprozess: So informiert er zunächst die Gläubigen seines Bistums über die geplante Selig- oder Heiligsprechung und lädt sie ein, ihm mitzuteilen, wenn sie etwas über Leben und Werk des Kandidaten berichten können. Anschließend unterrichtet er auch die Oberhirten der Nachbarbistümer und fragt diese, ob die Einleitung der Selig- oder Heiligsprechung aus ihrer Sicht sinnvoll und nützlich erscheint. Zuletzt schließlich fragt der Bischof beim Heiligen Stuhl nach, ob seitens der vatikanischen Verwaltung Einwände gegen das Verfahren bestehen.

Im Anschluss an diesen Prozess – und wenn die Nachbarbistümer und der Vatikan "grünes Licht" gegeben haben – errichtet der Bischof ein offizielles Tribunal, dessen Hauptaufgabe die Vernehmung von Zeugen ist. Ausdrücklich vorgeschrieben ist dabei, dass nicht nur Befürworter, sondern auch Gegner des Verfahrens angehört werden. Wichtige Personen in dieser Phase des Verfahrens sind der "Promotor iustitiae" genannte Kirchenanwalt und ein Notar. Der Kirchenanwalt achtet auf die Einhaltung der rechtlichen Bestimmungen und ist an den unter Eid stattfindenden Zeugenbefragungen beteiligt, der Notar fertigt alle notwendigen Protokolle und Abschriften an und beglaubigt diese.

Sind die Zeugenbefragungen abgeschlossen und alle Beweise erhoben, werden die erstellten Akten versiegelt. Während die Originaldokumente im Bistum verbleiben, werden die Abschriften in den Vatikan gesandt. Damit endet die Zuständigkeit der Diözese und die Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse übernimmt das Verfahren.

Die Kongregation überprüft zunächst, ob bei den diözesanen Vorarbeiten alle geltenden Regeln eingehalten wurden. Ist dies der Fall, wird das Verfahren innerhalb der Kongregation einem "Relator" übertragen. Dieser erstellt eine so genannte "Positio". Dabei handelt es sich um eine wissenschaftliche Dokumentation von Leben und Werk des "Diener Gottes" genannten Kandidaten. Darüber hinaus beinhaltet die "Positio" auch Aussagen über das persönliche Umfeld des Kandidaten.

Endgültige Entscheidung beim Papst

Danach wird die "Positio" einem "Praelatus Theologus" übergeben. Dieser Glaubensanwalt prüft gemeinsam mit mehreren Theologen alle Unterlagen noch einmal auf mögliche Ungereimtheiten. Daach geben die Experten ein Urteil ab: Entscheiden sie sich dabei mit Zwei-Drittel-Mehrheit für das Verfahren, wird der Fall der Hauptversammlung der Kongregation vorgelegt. Gibt auch sie "grünes Licht", liegt die endgültige Entscheidung über die Selig- oder Heiligsprechung beim Papst.

Falls das Kirchenoberhaupt die Voten der Vorinstanzen mitträgt, wird sein Urteil in Form eines Dekrets "de heroicitate virtutum" ("über den heroischen Tugendgrad") oder eines Dekrets "de martyrio" ("über das Martyrium") veröffentlicht. Nach der Publizierung steht dem Kandidaten der Titel "Venerabilis" ("Verehrungswürdiger") zu

Damit jedoch ist das Verfahren noch immer nicht abgeschlossen. Für Selig- und Heiligsprechungen ist vielmehr noch der Nachweis eines Wunders erforderlich. Von dieser Regel ausgenommen sind nur Märtyrer : Wer wegen seines Glaubens getötet wurde, gilt als Märtyrer und kann auch ohne Nachweis eines Wunders zur Ehre der Altäre erhoben werden. Alle anderen Kandidaten jedoch müssen für eine Selig- und Heiligsprechung nach ihrem Tod jeweils mindestens ein Wunder vollbracht haben. Als Wunder anerkannt werden Heilungen schwerer Krankheiten und Leiden, die auf Fürsprache des Kandidaten erfolgt und medizinisch nicht zu erklären sind.

Ist auch die Wunder-Hürde genommen, steht der Selig- oder Heiligsprechung nichts mehr im Weg. Der Akt selbst erfolgt im Rahmen eines feierlichen Gottesdienstes – bei Seligsprechungen meist durch einen Kardinal oder Bischof, bei Heiligsprechungen durch den Papst. Anschließend darf die so geehrte Person von den Gläubigen offiziell verehrt werden – mit einem Unterschied: Während Heilige weltweit um Fürsprache angerufen werden können, dürfen Selige nur in einer bestimmten Region oder einem Bistum verehrt werden.

Bleibt zum Schluss die Frage: Warum treibt die Kirche einen solch immensen Aufwand, um Menschen nach ihrem Tod als Selige oder Heilige zu verehren? Eine gute Antwort liefert der Katechismus der katholischen Kirche . Dort heißt es unter Nummer 828: "Wenn die Kirche gewisse Gläubige heiligspricht, das heißt feierlich erklärt, dass diese die Tugenden heldenhaft geübt und in Treue zur Gnade Gottes gelebt haben, anerkennt die Kirche die Macht des Geistes der Heiligkeit, der in ihr ist. Sie stärkt die Hoffnung der Gläubigen, indem sie ihnen die Heiligen als Vorbilder und Fürsprecher gibt. (...) In den schwierigsten Situationen der Geschichte der Kirche standen am Ursprung der Erneuerung immer Heilige."

Von Steffen Zimmermann
© katholisch.de

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