Brauchtum Kürbisschnitzen

Wir neigen ja dazu gerne zu schimpfen, dass irgendwelche Bräuche kommerzialisiert werden und die wahren Beweggründe in Vergessenheit geraten. Sei es der Valentinstag oder der Weihnachtsmann - schnell ist gesagt: „Des amerikanische Zeig braucht‘s bei uns net“. Nun zur Herbstzeit sieht man wieder vielerorts die Kürbisse und bald auch die geschnitzten Gesichter.

Auch Sonja Sedlmeir lädt im Namen der Kolpingsfamilie seit 2011 junge Familien zum Kürbisschnitzen auf den Samerhof ein. Nur ein neumodischer amerikanischer Brauch zu Halloween? Bei Weitem nicht, selbst der Name Halloween hat durchweg christliche Wurzeln. Seit etwa 1.100 Jahren feiern Katholiken am 1. November das Fest Allerheiligen. Im Englischen heißt dieser Tag "All Hallows". Der Abend des 31. Oktober heißt deshalb auf Englisch "All Hallows Evening" - also "Allerheiligenabend". Die Abkürzung dafür lautet dann schlicht "Halloween"

Die Ursprünge von Halloween gehen wohl auf das heidnisch-keltische Neujahrsfest Samhain zurück, das am 1. November den Beginn des Winters einläutete und eine Art Erntefest darstellte. Damals glaubte man, dass der Sommer die Zeit des Lebens sei und der Winter die Zeit des Todes. In der Nacht des Samhain begegneten sich nach Auffassung der Kelten diese beiden Welten. Den verstorbenen Vorfahren wurden üppige Speisen angeboten, die symbolisch gemeinsam verzehrt wurden. In Mexiko feiert man bis heute auf ähnliche Weise den "Tag der Toten" am 1. November: Familien ziehen mit Schnaps und leckerem Essen auf den Friedhof, setzen sich um die Gräber ihrer Verstorbenen und feiern gemeinsam ein Fest. Auch wir ziehen auf die Friedhöfe, allerdings nicht von Anbeginn der Christianisierung.

Erst im 9. Jahrhundert wurde das heidnische Fest zum Allerheiligenfest christlich umfunktioniert. Da es zunehmend mehr Heilige in der katholischen Kirche gab und es schwer wurde, jeden an einem einzelnen Tag zu feiern, weihte Papst Gregor III. eine Kapelle in der Basilika St. Peter allen Heiligen und legte dabei für die Stadt Rom den Feiertag auf den 1. November fest. Ende des 8. Jahrhunderts verbreitete sich der Termin allmählich in der gesamten Westkirche, bis Papst Gregor IV. 835 Allerheiligen für die gesamte Westkirche auf den 1. November festlegte. Seit Ende des 10. Jahrhunderts wird zudem am 2. November mit Allerseelen ein Gedenktag aller Verstorbenen gehalten, die sich nach katholischem Verständnis im Fegefeuer befinden und noch nicht die volle Gemeinschaft mit Gott erreicht haben. Wie auch bei uns in Mering üblich, wird die damit verbundene Gräbersegnung bereits am Nachmittag von Allerheiligen vorgenommen. Nach volkstümlich-religiösen katholischen Vorstellungen kann die Leidenszeit der armen Seelen im Fegefeuer zum Beispiel durch Almosenspenden an Arme und Bedürftige, Patengeschenke oder Heischegaben an Kinder verkürzt werden - wieder eine interessante Parallele zu Halloween.

Der Brauch an diesem Abend Kürbisse aufzustellen, stammt aus dem überwiegend katholischen Irland. Die USA-Auswanderer pflegten ihre Bräuche in Erinnerung an die alte Heimat, sodass sie im Zuge des Halloween-Trends in den 90er Jahren wieder zu uns nach Europa zurückkamen und den Anschein erweckten „neu“ zu sein. Man erzählt sich in Irland die Geschichte von Jack O., einem Betrüger und Trinker, der zu Lebzeiten nur Böses tat. Durch eine List soll Jack O. den Teufel auf einen Baum gelockt und dann in den Stamm ein Kreuz geritzt haben, wodurch der Teufel auf dem Baum gefangen war. Jack versprach ihm, ihn herunter zu lassen, wenn er ihn nie wieder behelligen würde. Als Jack später starb, verwehrte ihm der Himmel aufgrund der vielen schlechten Taten den Zutritt und auch in der Hölle fand Jack keinen Platz, da er den Teufel ja übers Ohr gehauen hatte. Der Teufel hatte allerdings ein wenig Erbarmen mit Jack und gab ihm ein Stück glühende Kohle in einer Rübe, mit der er durch die Finsternis zwischen Himmel und Hölle wandern konnte.

Allgemein wurde zur damaligen Zeit aus dieser Geschichte abgeleitet, dass man mit solch einer Rübe die Geister abschrecken könnte. Zu Zeiten der aktiven Ausübung des Halloween Brauches in Irland wurden auch stets Rüben verwendet. Später, als der Brauch nach Amerika kam, fand man dort jedoch im Übermaß Kürbisse, die sich auf Grund der Größe und Konsistenz sogar noch besser eigneten.

Aber nicht nur Irland kennt diesen Herbstbrauch. Im deutschsprachigen Raum wurde lange Zeit das Schnitzen von Rübengeistern in verschiedenen Regionen Deutschlands, Österreichs und der Schweiz als Lichterbrauch zur Erntezeit praktiziert. Die Menschen stellten Kerzen in ausgehöhlte Rüben (meist Futterrübe), um damit in der dunklen Jahreszeit böse Geister und die damit verbundene Angst zu vertreiben. Je nach Region ziehen die Kinder in einem Umzug durch die Orte oder stellen die Rüben ins Fenster, neben die Haustür oder in den Vorgarten von Nachbarn und Bekannten, wobei oft Gaben erheischt werden.

In Baden-Württemberg (Oberschwaben) und im Regierungsbezirk Schwaben werden die stark an Larven der schwäbisch-alemannischen Fastnacht erinnernden „Schreckgesichter“ nach ihrer Fertigstellung abends von kleinen Kindergruppen von Haus zu Haus getragen. Dabei werden kleine Lieder oder Sprüche vorgetragen, wie zum Beispiel „Wir sind die Rübengeister und geh’n von Haus zu Haus, wir bitten um ’ne Gabe, dann geh’n wir wieder nach Haus!“ oder „Wir sind die Rübengeister und sind im schnitzen Meister; drum gebt uns gute Gaben, dann können wir uns laben.“. Alles nicht weit weg von „Süßes oder Saures“, einziger Unterschied zum Halloweenbrauch, die Kinder verkleiden sich nicht.

Der Mangel an Rüben und die fehlende scharfe Abgrenzbarkeit zum irischen Brauch führen dazu, dass das Rübenschnitzen allerdings immer mehr ausstirbt und durch das Kürbisschnitzen ersetzt wird. Nur in wenigen Regionen trotzen die Heimatpfleger dem Trend und stellen mit Kindern noch Rübengeister her. Fazit ist jedoch: Bräuche wie die Kürbislaternen sind eine Mischung aus heidnisch-katholischem Brauchtum mit deutlich älteren Wurzeln als das kommerzielle karnevalistische Halloween.

Termin: Kürbisschnitzen am Samerhof

 

Quellen:

Wikipedia: Halloween, Rübengeister, Allerheiligen

Karl-Heinrich Bieritz: Das Kirchenjahr. Feste, Gedenk- und Feiertage in Geschichte und Gegenwart. C.H.Beck, München 2005, S. 177 f.

Augsburger Allgemeine23.10.2012; Brauchtum: Das Sterben der Rübengeister - Nachrichten Neu-Ulm, Abruf unter https://www.augsburger-allgemeine.de › Lokales (Neu-Ulm)

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